Donnerstag, 14. Juli 2011

Abschied nehmen

Heute geht es mal nicht direkt um mich sondern eher um meinen Vater und seine Frau.
Mit dieser Frau habe ich ja früher schon meine Differenzen gehabt und bin deshalb recht früh, mit 14 Jahren, bei ihm ausgezogen und zu meiner Mutter hin gezogen. Es hat einige Zeit gedauert, bis ich mit ihr wieder richtig reden konnte. Ich habe halt gelernt damit umzugehen, wie sie ist. Zuletzt habe ich sie an Weihnachten gesehen und mit ihr geredet. Da ging es mir richtig schlecht, trotzdem war der Weihnachtstag wirklich schön mit Essen, Geschenken und nett reden.

Jetzt liegt diese Frau seit Monaten im Krankenhaus. Ich habe es erst erfahren, als ich in meiner Therapie war, dass sie seit kurz nach Karneval dort war. Angefangen hat es mit einer Lebensmittelallergie, wegen der sie dort hin gegangen ist. Vor dem Krankenhaus ist sie gefallen und hat sich dabei leider die Schulter gebrochen. Das ist leider mal richtiges Pech gewesen. Im Krankenhaus kam ein gemeiner Magen-Darm-Infekt dazu bei dem sie leider ziemlich ausgetrocknet ist und daher im Gehirn scheinbar ein leichter Schaden entstanden ist.
So... Jetzt liegt sie dort also seit Monaten. Die meiste Zeit davon auf der Intensivstation und eine lange Zeit im künstlichen Koma. Irgendwann hat sie von sich aus nicht mehr geatmet und wurde deshalb "schlafen geschickt". Ihr Zustand hat sich weiter verschlechtert. Weitere Untersuchungen haben gezeigt, dass sie schwer Krebskrank ist und der Krebs auch schon ordentlich in alle Körperbereiche gestreut hat.
Soweit mein letzter Stand von vor zwei Wochen.

Heute waren wir wieder bei meinem Vater. Da seine Frau gerade nicht verfügbar ist, kümmern meine Schwester und ich und einmal die Woche um seine Buchhaltung von seiner Firma. Früher hat sie das gemacht. Naja... ab und zu halt wenn Papa das nicht gemacht hast. Er erzählt uns beiden Töchtern also heute, dass seit Dienstag das Dialysegerät nicht mehr angeschlossen ist. Seine Frau könnte also jetzt jederzeit sterben und vielleicht würde sie nicht einmal mehr das Wochenende überleben. Bisher haben wir sie noch nicht im Krankenhaus besucht. Heute war das erste Mal. Wir waren in der Intensivstation und haben sie dort eine halbe Stunde besucht. Mit ihr geredet. Ich habe keine Ahnung, ob sie uns wahrgenommen hat und uns verstanden hat. Sie hat ab und zu mal geblinzelt, dann mal wieder das Gesicht verzogen. Einmal hatte ich das Gefühl, sie hat gelächelt. Wieviel bekommt ein Mensch mit, der gerade in einem solchen Zustand im Sterben liegt? Wieviel bekommt sie mit?

Ja, es ist mir nahe gegangen, sie so dort liegen zu sehen. Obwohl ich mich mit ihr nicht so verstanden habe. Es war ein Abschied, auch wenn ich ihr einen solchen Tod nicht gewünscht hätte. Für meinen Vater hätte ich mir wirklich gewünscht, sie wäre wieder gesund geworden. Jetzt stirbt sie.
Ich habe dafür gesorgt, dass ich die nächsten Tage für meinen Vater verfügbar bin, wenn sie stirbt. Habe ihm gesagt, er kann mich jederzeit anrufen sobald etwas passiert. Hoffentlich tut er das auch.

2 Kommentare:

  1. Hallo Isa, du hast in deinem Beitrag gefragt was die Menschen im Sterbeprozess mitbekommen, also aus meiner Erfahrung kann ich dir sagen das sie bestimmt mitbekommt das ihr da wart und das sie auch alles verstehen wird was ihr sagt. nur kann sie sich warscheinlich nicht mehr äußern. Liegt sie denn noch im Koma?
    Also eine Patientin die im Koma gelegen hatte und wieder wach geworden ist hat mir mal erzählt das sie alle gespräche mitbekommen hat, nur das sie nicht antworten konnte...

    liebe Grüße Jenny

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  2. Ich finde es wichtig, dass man für Menschen da ist, wenn sie in ausweglosigen Situationen sind. Egal wie die Lage vorher war. Familie ist Familie.

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