Freitag, 11. Februar 2011

Eingesperrt

Es hat jetzt ein paar Tage gedauert, dass ich mein Erlebnis von Anfang der Woche verarbeiten konnte und vor allem auch darüber schreiben kann. Anfang der Woche hätte ich eigentlich schon ins Krankenhaus fahren wollen. Gut... am Montag hatte ich kein Auto, da der Wagen meiner Freundin derzeit nicht ganz in Ordnung ist und je nach Wetterlage nicht anspringen mag. Also nimmt sie dann halt meinen Wagen. Ich muß ja im Moment nicht regelmäßig zur Arbeit fahren also brauche ich den an sich im Moment gar nicht. Da ich also so am Montag auch nicht ins Krankenhaus fahren konnte, habe ich zu Hause versucht, etwas sinnvolles zu tun. Die Wäsche mußte gewaschen werden, also habe ich damit mal angefangen. Zu sortieren war noch kein Problem. Das größere Problem war dann aber, mit dem vollen Wäschekorb aus der Wohnungstür raus in den Keller zu gehen. Es ging nicht. Ich habe mich sehr anstrengen müssen, um diese einfache braune holzgemusterte Tür aufzumachen und den einen Schritt in den Flur raus zu machen. Ich habe es am Montag geschafft. Irgendwie. Ich habe es auch geschafft, mit meiner Vermieterin im Keller zu reden, als wäre nichts los. Wir haben über schwarze Socken in der weißen Wäsche geredet und dass Farbfangtücher eine tolle Erfindung sind bei solchen Problemchen. (Später habe ich eine Packung von den Tüchern auf ihrer Maschine liegen sehen. Die muß sie wohl extra nach unserem Gespräch gekauft haben.) Zwei Ladungen Wäsche habe ich den Tag geschafft zu waschen, einmal habe ich den Trockner noch eingeschaltet. Dreimal den Gang in den Keller um mich zu überwinden.
Und danach hatte ich keinerlei Kraft mehr, mit irgendwem zu reden oder ähnliches. Als das Telefon geklingelt hat, habe ich einen halben Heulanfall bekommen und das Gerät angestarrt, als wäre es eine Schlange und ich das Kaninchen. Irgendwann hat es dann auch wieder Ruhe gegeben, nur konnte ich selbst dann nicht einmal nachsehen, wer versucht hat, mich zu erreichen. Nachdem meine Freundin abends wieder zu Hause war, ging es etwas besser. Dann war ich nicht mehr alleine.
Leider den nächsten Tag aber wieder.  Meine Freundin hat es Dienstag irgendwie geschafft, ihren kleinen Wagen zum anspringen zu  überreden und damit zu fahren. Ich habe den Vormittag damit verbracht, in der Wohnung etwas zu machen, ein wenig im Internet zu sein mir alle Viertelstunde vorzunehmen, dass ich endlich duschen gehe.
Mit deutlich mehr Überwindung als den Tag davor habe ich es geschafft, immerhin eine Ladung Wäsche in die Maschine zu stopfen und den Trockner vom Vortag endlich leer zu  machen. Ich hab den Korb im Schlafzimmer abgestellt (wo er bis Donnerstag stehen geblieben ist), mein Handy und den Computer angestarrt als wären die beiden an dem Tag die Schlangen und immer wieder versucht bis ins Badezimmer zu gehen. Unsere Wohnung ist so aufgebaut, dass wir einen langen Flur haben, der an einer Seite die Wohnungstür hat und auf der anderen Seite das Wohnzimmer. Wenn man in unsere Wohnung rein kommt, kommt zuerst auf der linken Flurseite die Badezimmertür. Etwa 20 cm weiter auf der rechten Seite ist dann die Tür zum Schlafzimmer. Und es geht weiter abwechselnd. Auf der Hälfte vom Flur etwa ist links die Küchentür, rechts das Arbeitszimmer. Und zuletzt auf der linken Seite die Tür zum Kinderzimmer. Ich habe auf meinem Weg ins Badezimmer den Weg bis zur Küchentür immer problemlos zurücklegen können. Nur leider nicht weiter. Ich bin jedesmal in die Küche abgeschwenkt oder ins Arbeitszimmer. Ganz selten sogar ins Kinderzimmer. Nur nie weiter als bis zur Küche. Ich habe weder telefonieren können noch aus der Wohnung rausgehen können. Ich konnte nicht einmal auf die Toilette gehen, weil ich nicht zur Wohnungstür hin konnte.
Das ganze liest sich jetzt so, als würde ich mich anstellen und hätte nicht vor die Tür gehen wollen. Das ist es aber nicht. Es ging nicht. Ich konnte nicht aus der Wohnung raus. Es war, als wäre da eine Wand, die niemand sehen kann, die ich nur spüren konnte. Wir haben im Wohnzimmer einen kleinen Tisch stehen, von dem aus man die Wohnungstür sehen kann. Ich habe an diesem Tisch gesessen und auf die Tür gestarrt und vor Hilflosigkeit geheult.
Man fühlt sich so hilflos, wenn man die alltäglichsten Sachen nicht mehr gemacht bekommt. Und so eine Tür zu öffnen und einfach raus in das Treppenhaus zu gehen ist so banal alltäglich, da denkt doch wirklich niemand großartig drüber nach. Am Schlimmsten war es dann aber noch, als das Kind von der Schule nach Hause kam und geklingelt hat. Der Knabe hat seinen eigenen Schlüssel. Wir haben ihm auch schon gesagt, dass er den nutzen soll und sich selber die Tür aufschließen soll. Leider tut er das nur nicht. Also hat er geklingelt. Und ich mußte ihm aufmachen. Danach bin ich sehr schnell wieder aus dem Eingangsbereich geflüchtet weil ich es einfach nicht ausgehalten habe.
Ich war einfach nur froh, als meine Freundin auch kurz später nach Hause gekommen ist. Sie ist am Mittwoch extra meinetwegen später zur Arbeit gefahren, damit sie mich ins Krankenhaus fahren konnte. Seither geht es mir etwas besser, aber wirklich aus der Wohnung gehen mag ich immer noch nicht wenn ich ehrlich bin. Es kostet immer noch sehr viel Überwindung.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen